Ellmenreichstr 22,Hamburg-St. Georg, Deutschland Foto: Warrel040 BY-SA 4.0

Recht auf wohnen in der Stadt oder doch nur auf wohnen?

Wohnen ist ein Menschenrecht. Wohnen muss jeder irgendwo. Eine Tür hinter sich zu machen und für sich sein zu können gehört zur sicheren Existenz dazu. Alle Bundesbürger können auch entsprechend ihren Möglichkeiten frei entscheiden wo sie hinziehen und wie sie wohnen. Dieses Recht auf Freizügigkeit ist sogar im Artikel 11 des Grundgesetzes garantiert. So entscheiden sich immer wieder Menschen in die Großstädte zu ziehen, um ihre Wünsche nach adäquaten Jobs, Lifestyle, Kunst & Kultur und anderen Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung zu erfüllen. Andere ziehen aus der Großstadt ins Umland, weil für sie Lebensqualität ein freistehendes Eigenheim mit Garten, Grün und Platz für Kinder bedeutet. Um das in der Großstadt zu erreichen, reichen ihre Möglichkeiten nicht. Dann gibt es noch die, die mit Kind und Kegel in eine Miet-Wohnung einziehen und dort bis zum Lebensende bleiben wollen. Selbst wenn sich alles um sie verändert hat, die Kinder erwachsen und ausgezogen sind und die Wohnung längst zu groß geworden ist.

Recht auf Stadt?

Die Städte werden voller. Mit dem Zuzug kommt es auch zu Verteilungskämpfen um den wenigen Wohnraum. Lange Schlangen bei Wohnungsbesichtigungen sind zum Symbol der Krise geworden. Die, die schon da sind haben oft zu viel oder zu wenig Wohnraum. Die, die neu hinzu kommen finden oft nichts Passendes und geben sich mit vorübergehenden Lösungen zufrieden. Oft beinhaltet diese Lösung einen weiten Pendelweg aus dem Umland zur Arbeit. Hat jemand ein Recht auf Stadt? Hat jeder ein Recht auf Stadt? Wenn jemand in einer zu großen Wohnung lebt, sollte er zwangsumziehen, damit mehr Menschen den Wohnraum nutzen? Wie lässt sich dieses Dilemma lösen? Wer könnte das lösen?

Die Investoren

Investoren kaufen Grundstücke und bauen Häuser darauf, die sie vermieten. So entsteht neuer Wohnraum, der an Hinzugezogene vermietet werden kann. Der neu entstandene Wohnraum ist aber auch teuer. Die Grundstücke vermehren sich nicht, werden knapper und entsprechend immer teuerer. Die Kosten des Bauens steigen aufgrund der steigenden Nachfrage und höheren Anforderungen sowohl bei den Baustoffen als auch bei der Bauausführung. Nicht zuletzt wollen Investoren auch etwas Rendite erwirtschaften, die zumindest ansatzweise die Zinskosten und die Risiken wie Mietausfall etc. widerspiegelt. Trotz scheinbar horrenden Neubau-Mieten muss bei der Wirtschaftlichkeit mit einem immer spitzer werdenden Bleistift gerechnet werden. Es gibt kein Grundrecht auf Rendite. Niemand kann im Gegenzug zu Mietwohnungsbau gezwungen werden. Eher werden die Häuser in Eigentumswohnungen aufgeteilt und verkauft.

Die wenigsten Neu-Städter können sich den neuen Wohnraum leisten. Gleiches gilt für Familien mit Kindern und großem Wohnraumbedarf. Auch die alleinstehende Rentnerin muss sich massiv verkleinern um sich die Miete leisten zu können. Eine Lösung ist Neubau also nur für Besserverdiener. Immerhin ziehen sie dann nicht in Bestandsgebäude, sodass der Konkurrenzdruck etwas kleiner wird.

Der Staat

Der Staat als Bauherr hat gegenüber Investoren entscheidende Vorteile. Er kann sich mittlerweile zu Negativzinsen verschulden, muss also weniger zurückzahlen. Zudem gibt es diverse bebaubare Grundstücke im Staatsbesitz. Auch kann die Rendite geringer ausfallen. Wohnungsbauunternehmen im Staatsbesitz müssen aber ebenso wirtschaftlich arbeiten. Die Saga in Hamburg bspw. muss jährlich mindestens 100 Millionen Euro an die Landeskasse abführen. Dazu kommen die üblichen Kapazitätsprobleme und die Erwartungshaltung an bezahlbare Neubaumieten und sozialen Wohnungsbau. Als drittgrößter Vermieter Deutschlands schafft es die Saga in Hamburg immerhin etwa ein Viertel aller Neubauten pro Jahr zu bauen. Es fallen allerdings sehr viel mehr Sozialwohnungen aus der Bindung heraus, als neue entstehen. Auch könnte der Staat mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) gezielt für seine Bediensteten auf bundeseigenen Flächen Wohnungen bauen. Bundespolizisten, Zöllner und Verwaltungsmitarbeiter verstopfen auch jetzt schon die engen Wohnungsmärkte in Großstädten. In Hamburg werden sie sogar übervorteilt und besetzen die Sozialwohnungen anderer. Also bauen, bauen, bauen, gerade wenn die private Bautätigkeit nun nachlässt. Von heute auf morgen kann der Staat aber auch nicht tausende Wohnungen aus dem Boden stampfen.

Die Großstadt muss leerer werden

Es gibt keinen Zwang seine Handwerker Ausbildung in Berlin, Hamburg oder München zu machen. Genauso hat auch niemand ein Recht auf eine Szene-Wohnung, die mit dem Ausbildungsgehalt bezahlbar ist. Ebenso wird niemand gezwungen seine Rente in der Großstadt zu verbringen. Gerade die Flexibilität im Alter ermöglicht bezahlbares Wohnen in ruhigen kleineren Städten. Analog zur Eigenheimzulage könnte der Staat diese Umzüge finanziell fördern. Wenn die Großstädte leerer werden, ist dort auch mehr Platz. Eine bessere Ausnutzung von vorhandenen Wohnungen lindert auch kurzfristig die Wohnungskrise. Rentner könnten aus großen Wohnung in kleine zum gleichen Quadratmeterpreis bei der Kaltmiete umziehen und so tatsächlich sparen. Dafür müssten gerade die staatlichen Wohnungsbaugesellschaften entsprechende Wohnungstauschbörsen einrichten. In den großen Wohnungen fänden dann Familien Platz. Zum Umzug zwingen kann man allerdings auch niemanden, sofern die Miete pünktlich bezahlt wird. Das führt zum aktuellem Dilemma mit Rufen nach dem Staat zwecks Besitzstandswahrung. Der Staat versucht dann mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln einigen wenigen zu helfen und verschlimmbessert die Situation für alle anderen. Jeder hat ein Recht auf Wohnen, aber weder in Berlin, Hamburg noch München

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