Mietvertrag 1911 Ausschnitt Foto: Weiss Rdbl GNU Free Documentation License

Miteinander über Modernisierung reden:  Mieterzustimmung als Korrektiv

Will ein Vermieter seine Bestände modernisieren, kann er das bisher einfach tun, ohne die betroffenen Mieter zu fragen. Die Mieter werden vorher darüber informiert und dürfen das dann hinterher mit 8% der Kosten pro Jahr bezahlen. Die Modernisierung ist oft weder im Sinne des Mieters, noch stehen die Kosten in einem vernünftigen Verhältnis zur Wohnwertverbesserung. Selbst wenn die Kosten nach etwa 13-22 Jahren gedeckt sind, bleibt die höhere Miete unverändert. Seit Jahren werden umfassende Modernisierungen auch gerne dazu verwendet um Bestandsmieter los zu werden und anschließend von der Mietpreisbremse unbehelligt die maximale Marktmiete heraus zu holen. Alles profitgierige Miet-Haie, die man bekämpfen muss? So simpel ist das nur bei Populisten. Zu einem Mieter gehört auch ein Vermieter und sie sollten über Modernisierung reden.

Modernisierung in zwei Teilen

Bei Modernisierungen gibt es grundsätzlich zwei Teile. Der erste Teil ist die Modernisierung an sich. Will ein Vermieter bspw. neue Fenster einbauen, müssen diese den Vorgaben der Energieeinsparungsverordnung entsprechen. Sie müssen also dicht und energiesparend sein. Da sich in diesem Bereich technisch in den letzten Jahrzehnten sehr viel getan hat, ist das in der Regel eine energetische Modernisierung. Diese muss ein Mieter nicht nur dulden, sondern bekommt auch keine Mietminderung während der ersten drei Monate der Bauarbeiten. Anders sieht es bspw. aus, wenn durch bloße Grundrissveränderung ein Zimmer geteilt oder zwei Zimmer zusammengelegt werden. Das kann für den Mieter vorteilhaft sein, z. B. für eine Familie mit Kindern, aber ebenso nachteilig. Auch kann die Bauphase für die Mieter eine unzumutbare Härte darstellen. So könnte wegen bspw. gesundheitlichen Problemen der Abriss von Wänden nicht in Frage kommen. Ein neues, modernes Bad, hochwertige Bodenbeläge oder mehr Steckdosen werden in der Regel an sich nicht abgelehnt, nur dafür bezahlen wollen Mieter nicht.

Modernisierungsumlage

Nach der Modernisierung ist vor der Modernisierungsumlage. In diesem zweiten Teil können Vermieter aktuell 8% der Gesamtkosten der Modernisierung pro Jahr auf die Miete umlegen. An diesem Punkt setzen die Klagen an. So ein neues Bad ist schön, aber bezahlen soll das doch jemand anderes. Überhaupt hätte es das alte Bad auch getan, so hässlich und unpraktisch es auch immer war. Auch wenn die neuen Fenster dicht sind und Energie einsparen, soll der Vermieter dafür bezahlen. Ist doch seine Wohnung? Nur profitiert der Mieter nicht von geringeren Heizkosten und mehr Komfort? Nutzt er die Wohnung durch Gebrauch nicht ab? Sind die ehemals neuen Fenster nach 22 Jahren überhaupt noch brauchbar? Muss die ehemals teure Wärmeschutzfassade auf Vermieterkosten wegen Specht-Löchern und Rissen komplett ersetzt werden, noch bevor sie überhaupt mit der Umlage bezahlt wurde? Ist die Modernisierung nur Mittel zum Zweck oder lohnt es sich auch für Mieter?

Hilflose Politik

Die Modernisierungsumlage ist auf maximal 3 € pro Quadratmeter bzw. 2 € pro Quadratmeter für Mieten bis 7 € / m2 in 6 Jahren beschränkt. Damit wird eine Fassadendämmung mit darauf abgestimmten Erneuerung der Fenster zum Verlustgeschäft für die Eigentümer. Selbst bei Ausschöpfung aller verfügbaren Fördermaßnahmen, bspw. der KfW, rechnet es sich nicht mehr. Die Kosten können zwar steuerlich geltend gemacht werden, das kommt aber fiskalisch einer Mietsenkung gleich. In Verbindung mit steigenden Handwerkerkosten ist die energetische Sanierung im Mietwohnungsbau damit Geschichte. Die Politik kann dann noch verstärkt versuchen Eigentümer per Gesetz zu zwingen ihre Bestände entsprechend zu sanieren. Eine solche Maßnahme ist dann aber unwirtschaftlich und ist bisher auch bereits mehrfach vor Gerichten gescheitert.

In Berlin wird gerade das nächste Schreckens-Szenario für Vermieter aufgebaut. Neben Mieterhöhungsverbot, Mietendeckel usw. hat die Linke, Grüne und SPD auch Modernisierungen im Visier. Maßnahmen, die zu einer Modernisierungsumlage ab 0,5 € / m2 führen, sollen genehmigungspflichtig werden. Das soll auch nicht etwa bei einer Bau- oder Umweltbehörde passieren, sondern einer Bank. Wer in einem solchen Umfeld die dringend benötigten Neubauten bauen und vermieten soll, die nach dem ersten Mieterwechsel zu Bestandsbauten werden, bleibt aber ein Geheimnis. Die Hilfslosigkeit der Politik schlägt in politische Verzweiflung über. Leider wird das erst einmal über Jahre noch mehr Schaden anrichten bis es von den obersten Gerichten gekippt wird.

Hilflose, unmündige Mieter?

Vorgaben, Verbote und Regulierung scheinen die politischen Optionen zu sein, mit denen die politische Kaste ihre Wähler vor dem bösen Markt beschützen will. Mündige Bürger, die ihre Interessen durchsetzen können, passen da nicht ins Bild. Dabei sind mündige Bürger genau das, was Mieter sein sollten. Bisher können Vermieter auch entgegen dem Mieterwillen modernisieren. Sie brauchen dafür keine Zustimmung, sofern es zumutbar ist, müssen sie die Modernisierung nur rechtzeitig ankündigen. Genau das sollte sich ändern. Wenn Mieter mit alten Bädern zufrieden sind, sollten Vermieter ihnen kein neues aufzwängen können. Das Gleiche gilt für andere Maßnahmen, die sie hinterher bezahlen müssen. Natürlich gäbe es hier auch wiederrum Ausnahmen, die sich aus bisherigen Gesetzen, bspw. zur energetischen Sanierung, ergeben. Grundsätzlich sollte hier aber eben gelten: bei Allem, was der Vermieter modernisieren will, aber nicht modernisieren muss, braucht er die Zustimmung des Mieters, sowohl für die Ausführung als auch die Höhe der Umlage.

Quoten und Grenzen der Zustimmung

Es gibt bereits jetzt ein in der Praxis erprobtes Modell, bei dem sich mehrere Parteien bei der Modernisierung einig sein müssen. In Wohneigentümergemeinschaften gilt eine Zustimmungsquote von 75% für jede einzelne Maßnahme, damit überhaupt modernisiert wird. Zahlen müssen hinterher alle Eigentümer, auch die sich dagegen ausgesprochen haben. Übertragen auf ein Mehrparteienhaus bedeutet das anstelle der Eigentümer eben die Nutzer des Hauses, also Mieter oder selbstnutzende Eigentümer zustimmen müssen. Ist das Haus nicht in einzelne Einheiten aufgeteilt, so braucht der Eigentümer eben auch 75% der Zustimmung für jede einzelne Maßnahme. Soll bspw. bei einem Vier-Parteien Haus eine Wärmedämmfassade angebracht werden, benötigt der Eigentümer die Zustimmung der 3 von 4 Mietern. Bei der Umlage können die Mieter dafür Zugeständnisse verlangen, bspw. eine niedrigere Höhe der Umlage oder Zahlung nur bis sich die Investition amortisiert hat. Miteinander reden und individuelle Lösungen finden können, sollte auch der Politik nicht fremd sein.

 

Was denkst du?